Die IAB Switzerland Association geht in ihrer Stellungnahme vom 29. März 2017 an das Bundesamt für Justiz exemplarisch und ohne Anspruch auf Vollständigkeit auf diejenigen Vorschläge des Vorentwurfs ein, welche für die digitale Werbung in der Schweiz besonders relevant sind.
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Das Wichtigste in Kürze:
- Datenschutz und Datensicherheit sind wichtige Grundlagen für den Erfolg von digitalen Werbeformen. Der grenzüberschreitende Austausch von Personendaten muss möglich bleiben, weshalb ein inhaltlich gegenüber der EU gleichwertiger Datenschutz zu erhalten ist. Das Schweizer Datenschutzgesetz (DSG) aus dem Jahr 1992 basiert auf allgemeinen Grundsätzen der Datenbearbeitung, die sich in der Praxis bewährt haben und die sich bisher auch erfolgreich auf digitale Sachverhalte anwenden liessen. Gemäss Beschluss der EU-Kommission vom 26. Juli 2000 verfügt die Schweiz über ein angemessenes Datenschutzniveau. Dieser Beschluss bleibt auch unter der ab 25. Mai 2018 verbindlichen EU Datenschutz-Grundverordnung (Verordnung EU 2016/679; DSGVO) weiterhin gültig. Eine Teilrevision des DSG genügt, um den Herausforderungen der Digitalisierung zu begegnen und einen gegenüber der EU angemessenen Datenschutz zu erhalten.
- Für die Schweiz im internationalen Verhältnis direkt verbindlich ist das (revidierte) Übereinkommen des Europarates (SEV 108) zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten. Das Übereinkommen bedingt, wenn überhaupt, lediglich wenige Änderungen im DSG. Solange die Schweiz die SEV 108 einhält besteht auch für die EU kein Grund, auf den Angemessenheitsentscheid zurückzukommen und diesen zu revidieren. Für eine Übernahme der in der DSGVO detailliert geregelten administrativen Pflichten bei der Datenbearbeitung sowie für hohe Bussen besteht in der Schweiz kein Anlass.Doch der VE-DSG übernimmt die Regulierungen der DSGVO nicht nur weitgehend, sondern verschärft diese gar noch in verschiedenen Belangen, die für die Online Werbebranche in der Schweiz sehr nachteilig wären. In dieser Stellungnahme weisen wir nur auf die wichtigsten dieser strengeren Regelungen hin, welche die Geschäftstätigkeit von Online-Dienstleistern und Betreibern digitaler Geschäftsmodelle in der Schweiz bedrohen. Sämtliche Verschärfungen gegenüber den Regelungen der DSGVO sind aus dem VE-DSG zu entfernen. Vor allem auf überschiessende Neben- und Administrativpflichten ist zu verzichten. Solche Pflichten erhöhen den Aufwand für die Schweizer Anbieter von Werbung, Cloud-Lösungen und anderen Dienstleistungen für digitale Geschäftsprozesse. Die Administrativpflichten stärken auch den Persönlichkeitsschutz der betroffenen Personen kaum. Um die Attraktivität des Dienstleistungsstandorts Schweiz zu erhalten, sind Pflichten und Einschränkungen für Schweizer Anbieter zu vermeiden, welche sogar über das von der EU geforderte Mass hinausgehen.
- Besonders standortschädlich und abzulehnen ist das vorgeschlagene Sanktionswesen mit neuen Straftatbeständen. Der Verzicht auf drakonische Sanktionen im Stile der DSGVO (Bussen bis zum höheren Betrag von EUR 20 Mio. oder 4% des letzten weltweit erzielten Jahresumsatzes) ist zwar zu begrüssen. Der VE-DSG setzt darauf, die Verletzung von administrativen Nebenpflichten neu als Straftatbestände auszugestalten. Ins Visier geraten damit die natürlichen Personen in der Schweiz, welche für die Datenbearbeitung in Unternehmen verantwortlich sind. Nur wenn sich diese nicht identifizieren lassen, soll subsidiär das Unternehmen mit maximal CHF 100’000.— gebüsst werden. Für global tätige Online-Plattformen ohne Niederlassung in der Schweiz wäre eine solche Busse im Vergleich zu einer Sanktion in der EU ein kleines Übel. Schweizer Unternehmen – besonders KMU – hingegen müssten ihre Mitarbeiter mit grossem Compliance-Aufwand schützen und würden sich im Zweifel für eine konservativere Methode der Datenbearbeitung entscheiden. Im Ergebnis wäre der VE-DSG gut für Beratungsunternehmen und Anwaltskanzleien, nicht aber für innovative Unternehmen, die in der Schweiz datengestützte Geschäftsmodelle betreiben möchten.