Arbeitsgruppe Sustainability von IAB Switzerland

Wo die Digitalwerbung Emissionen verursacht

Auch in der Werbebranche gewinnt das Thema Nachhaltigkeit zunehmend an Bedeutung. Um den ökologischen Fussabdruck unserer Branche mittel-langfristig zu reduzieren, ist es wichtig, dass der Einfluss von Werbemassnahmen auf die Umwelt kritisch hinterfragt wird und vermehrt auch Nachhaltigkeit als Faktor in die Planung einfliesst.

Was ist das Problem?

Wusstest du, dass im globalen Durchschnitt 1000 Anzeigenimpressionen 514,8 Gramm CO2 erzeugen, was einem Waschmaschinengang entspricht? 100’000 Impressionen ergeben somit schon 50 kg CO2, gleich viel wie eine Autofahrt von Zürich nach Genf. Eine Tonne CO2, also 2 Millionen Impressionen, ist äquivalent zum Hin- und Rückflug einer Person von Zürich nach Gran Canaria.[1] [2] Digitale Werbung hat somit einen signifikanten Einfluss auf unsere Umwelt.

Laut dem IAB Sustainability State of Readiness Report (2024)[3] des IAB Europe bleibt Nachhaltigkeit neben der Abschaffung der Third Party Cookies und der Messung des Kampagnenerfolgs eine der drei grössten Herausforderungen der digitalen Werbebranche.  Gemäss der Definition des Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) umfasst Nachhaltigkeit die Aspekte ökologische, soziale und wirtschaftliche Nachhaltigkeit sowie Governance. Wir von der Arbeitsgruppe beschäftigen uns hauptsächlich mit der ökologischen Nachhaltigkeit. Darunter versteht man in der digitalen Werbebranche die Reduzierung des Energieverbrauchs und der Treibhausgasemissionen sowie den sparsamen Umgang mit Daten, um Umweltbelastungen zu minimieren.

Die Umwelt wird hauptsächlich durch Kohlenstoffemissionen beim Verbrauch von Strom belastet, der für die Erstellung und Auslieferung von Online-Werbung verwendet wird. Dabei fallen vor allem bei folgenden 4 Prozessen Emissionen an:

Kreation der Werbemittel:

Der Entwurf und die Produktion von Werbeinhalten (z.B. Videos, Banner) benötigen oft mehrere Iterationen und die umfangreiche Nutzung von kreativer Soft- und Hardware. Videoanzeigen generieren bei der Ausspielung in der Regel einen höheren CO2-Ausstoss aufgrund des größeren Datenvolumens. So entstehen beispielsweise bei der Kreation und Ausspielung von Video-Anzeigen ungefähr 20-50 Mal so viele CO2-Emissionen pro Impression wie bei statischen Display-Anzeigen.

Verteilung und Auslieferung:

Die Speicherung und der Abruf von Werbematerialien über globale Content Delivery Networks (CDNs) und Serverfarmen. So müssen grosse Werbenetzwerke und Plattformen wie diese von Google und Meta immense Mengen an Daten verarbeiten und speichern. Diese Prozesse erfordern eine beträchtliche Rechenleistung, wodurch ebenfalls wieder erhebliche Mengen an Energie benötigt werden.

Datenanalyse und Tracking:

Die kontinuierliche Analyse von Nutzerinteraktionen und das Tracking mittels Cookies und anderen Technologien, die ständigen Datenverkehr erzeugen. Jedes Mal, wenn ein Cookie Daten an einen Server sendet, die dort gespeichert und verarbeitet werden, benötigt dies Energie. Besonders datenintensive Tracking-Mechanismen, wie beispielsweise Cross-Device Tracking können hier einen erheblichen Einfluss haben.

Programmatic Buying:

Echtzeitgebote für Werbeflächen erfordern massive Rechenleistungen, da Algorithmen Milliarden von Datenpunkten analysieren und Entscheidungen in Millisekunden treffen. Ein Beispiel dafür sind Programmatic Advertising und Real-Time Bidding (RTB), bei denen Millionen von Anzeigenimpressionen in Millisekunden versteigert und ausgeliefert werden, was zu einem hohen Energieverbrauch in Rechenzentren führt.

Zur Orientierung wird bei konkreten Zahlen zu CO2-Emissionen häufig mit Vergleichen gearbeitet. Scope3.com ist einer der ersten und führenden Anbieter digital-basierter Lösungen zur Messung von CO2-Emissionen in der digitalen Werbebranche. Gemäss Scope3 belaufen sich die Emissionen der gesamten internationalen Industrie auf 7.2 Millionen Tonnen CO2, was ungefähr 16% aller Emissionen der Schweiz entspricht[4]. Die Emissionen der USA für die digitale Werbeindustrie entsprechen fast dem gesamten Verbrauch der Schweiz für Heizung und Elektrizität.[5]

Wie diese Emissionen zustande kommen, und vor allem auch gemessen werden, werden wir in unserem nächsten Beitrag genauer anschauen.

Text: Stefan Rageth und Tobias Keller, Co-Leiter der IAB Arbeitsgruppe Sustainability

[1] Scope3, The State of Sustainable Advertising Q1, 01.02.2023.

[2] carbon-connect.ch, Eine Tonne CO₂ – was bedeutet das eigentlich?, 09.09.2024, https://www.carbon-connect.ch/resources/blog/eine-tonne-co2-was-bedeutet-das-eigentlich

[3] IAB Europe, State of Readiness – Sustainability in Digital Advertising, 15.02.2024. https://iabeurope.eu/wp-content/uploads/State-of-Readiness-Sustainability-in-Digital-Advertising-Report-2024_Final.pdf

[4] Bundesamt für Umwelt BAFU, Schweizer Treibhausgas-Ausstoss 2021 leicht gestiegen, https://www.bafu.admin.ch/bafu/de/home/themen/klima/mitteilungen.msg-id-94169.html, 16.09.2024

[5] Scope3, The State of Sustainable Advertising Q2, 01.04.2023.