Facebook bricht bei jungen Schweizern ein, Spotify wächst am stärksten – klassische Medien TV, Radio und Kino erreichen weiterhin die Massen.
Die jungen Schweizer wenden sich von Facebook ab. Der Streamingdienst Spotify ist die am stärksten wachsende digitale Plattform, gefolgt von Netflix. Trotz der digitalen Konkurrenz nutzen die Schweizer die klassischen Medien TV, Radio und Kino weiterhin in breiten Massen – von jung bis alt. Zu diesen Ergebnissen kommt die Studie Digimonitor der Interessengemeinschaft elektronische Medien (IGEM) und der WEMF AG für Werbemedienforschung.
- Spotify wächst von allen Plattformen am stärksten. Rund 1.6 Mio. Personen in der Schweiz nutzen nun Spotify (26%). Aber 5.6 Mio. Personen hören Radio (88%).
- Netflix wächst nicht mehr so schnell. Knapp 1.8 Mio. schauen Netflix (28%) und 4.2 Mio. nutzen ab und zu Youtube (67%). Aber 5.9 Mio. schauen klassisches Fernsehen (94%) und 3.4 Mio. waren im letzten Halbjahr im Kino (53%).
- Facebook bricht bei den Jungen ein: 2019 sind nur noch 36% der jungen Schweizer auf Facebook. Dank WhatsApp und Instagram zählt der Facebook-Konzern trotzdem 80% der Schweizer Bevölkerung zu seinen Nutzern.
- Sprachgesteuerte Lautsprecher wie Amazon Echo sind zwar bekannt, die Smart Speaker werden aber in der Schweiz noch kaum genutzt.
Facebook verliert, Streamingdienste wie Spotify und Netflix legen zu
Die jungen Schweizer zwischen 15 und 24 Jahren kehren Facebook den Rücken zu. Nutzten 2014 noch 82% der Jungen mindestens gelegentlich Facebook, tun dies 2019 nur noch 36%. (Grafik 4) Dafür wächst der Musik-Streamingdienste Spotify stark. Innert Jahresfrist hat Spotify 325’000 neue User hinzugewonnen. 1.6 Millionen Personen hören nun mindestens gelegentlich Musik über Spotify, was einem Viertel der Gesamtbevölkerung entspricht. (Grafik 1) Bei den Jüngeren zwischen 15 bis 24 Jahren ist der Anteil der Spotify- und Netflix-User mehr als doppelt so gross: Rund 60% der jungen Schweizer hören ab und zu Musik auf Spotify oder schauen Netflix. Spotify wird intensiver genutzt als Netflix: Jeder sechste Schweizer ab 15 Jahren hört täglich Spotify. Aber nur jeder Zehnte schaltet täglich Netflix ein.
2015 schauten nur 5% der Bevölkerung ab 15 Jahren ab und zu Netflix. 2019 tut dies nun bereits mehr als jeder Vierte (28%). Das Wachstum von Netflix hat sich aber deutlich abgeschwächt. Netflix hat jetzt knapp 1.8 Millionen Nutzer in der Schweiz. Das Netflix-Abo muss man sich leisten können: Mit steigendem Einkommen nimmt die Nutzung von Netflix zu.
Tik Tok ist die jüngste und Pinterest die weiblichste Plattform. eSports auf Twitch schauen fast nur Männer
Instagram wächst weiter. 27% der Bevölkerung sind gelegentlich auf Instagram. Instagram ist vor allem bei den Jungen beliebt: 80% der 15 bis 24-Jährigen nutzen Instagram, die Mehrheit davon sogar mehrmals täglich. Das Durchschnittsalter der Instagram-User liegt bei 32 Jahren. Deutlich jünger sind nur noch die Nutzer von Snapchat und Twitch mit rund 25 Jahren. Am jüngsten sind die Nutzer des chinesischen Videoportals Tik Tok: Diese sind noch keine 16 Jahre alt. eSports auf der zu Amazon gehörenden Gaming-Plattform Twitch ist praktisch ein reines Männerthema: Knapp 90% der 260’000 Nutzer sind männlich. (Grafik 3)
Auch auf dem Kurznachrichtendienst Twitter und den Karriereplattformen Linkedin und Xing sind Frauen deutlich weniger präsent als Männer. Dagegen hat Pinterest fast nur Nutzerinnen. Von den 1.1 Millionen gelegentlichen Nutzern auf Pinterest sind über 800’000 Frauen.
Trotz wachsenden Streaming-Diensten werden TV, Radio und Kino weiterhin breit genutzt
Trotz der vielen neuen digitalen Angebote bleiben Fernsehen, Radio und Kino in der Schweiz beliebt. Mit 5.6 Millionen Hörern überragt Radio die 1.6 Millionen Spotify-Nutzer bei weitem. Auch jüngere Personen hören noch weit verbreitet Radio. Mehr als Dreiviertel der Personen unter 25 Jahren hören Radio, nicht ganz die Hälfte sogar täglich. (Grafik 1)
Auch Kinos werden trotz Netflix & Co. weiterhin besucht. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung war in den letzten 6 Monaten mindestens einmal im Kino. Noch beliebter ist Kino bei den Jüngeren: Über 80 % der Personen unter 25 Jahren gehen pro Halbjahr mindestens einmal ins Kino, ein Grossteil davon mehrmals.
Die 5.9 Millionen TV-Zuschauer überwiegen die knapp 1.8 Millionen Netflix-Nutzer um mehr als das Dreifache. Auch im Vergleich zu YouTube weist klassisches Fernsehen knapp 1.7 Millionen mehr Zuschauer auf. Mit 94% der Bevölkerung ab 15 Jahren schaut die breite Masse fern. Zwei Drittel der Schweizer schalten an einem Durchschnittstag den Fernseher ein. Auch bei den 15- bis 24-Jährigen schauen fast 40 Prozent täglich fern. Dank Smartphone und Computer wird Fernsehen auch vermehrt unterwegs und mobil geschaut. Der Grossteil der TV-Nutzung erfolgt aber immer noch zuhause vor dem klassischen TV-Gerät mit grossem Bildschirm. Gerade für die jüngeren Schweizer ist Fernsehen ein «soziales Medium» und wird überdurchschnittlich oft zu Besuch bei Freunden, Bekannten oder Verwandten geschaut. Das klassische TV-Gerät bleibt denn auch in allen Altersgruppen mit deutlichem Abstand das beliebteste Gerät, um fernzusehen.
Grosse Nutzerbasis für die geplante Facebook-Digitalwährung «Libra» in der Schweiz
Trotz dem Rückgang bei Facebook ist die Nutzerbasis für die Einführung der geplanten Digitalwährung «Libra» gross. Der Konzern von Mark Zuckerberg erreicht mit seinen Diensten Facebook, Instagram und Whatsapp 80% der Schweizer Bevölkerung ab 15 Jahren. Bei den unter 40-Jährigen nutzen gar fast alle (95%) mindestens eine Plattform aus dem Facebook-Universum. Der Nachrichtendienst Whatsapp macht den grössten Anteil aus. Nur schon Whatsapp nutzen mehr als Dreiviertel der Bevölkerung (77%). Instagram und Facebook bringen dem Facebook-Konzern kaum zusätzliche Reichweite.
Nutzer des Facebook-Universum sind schon geübt im digitalen Zahlungsverkehr
Die grosse Mehrheit der Nutzer des Facebook-Universum hat schon Erfahrung mit digitalem Zahlungsverkehr – sei es mit E-Banking oder mit bargeldlosem Mobile-Payment. Von den 4.1 Mio. Personen in der Schweiz, die E-Banking machen, sind 3.8 Mio. auch Nutzer des Facebook-Konzerns (92%). 1.2 Mio. Schweizer bezahlen bereits bargeldlos mit dem Smartphone. Von diesen sind nur 25’000 Personen keine Nutzer eines Facebook-Dienstes. Wenn jemand einen Dienst von Mark Zuckerberg nutzt, heisst das aber noch lange nicht, dass er den Facebook-Konzern auch als Bank akzeptieren wird.
Smart Speaker wie Amazon Echo sind zwar bekannt, werden aber noch kaum genutzt
Sprachgesteuerte Lautsprecher wie Amazon Echo, Google Home oder Apple HomePod sind zwar den Schweizern bekannt: Knapp 40% wissen, was solche Smart Speaker sind. Wirklich nutzen tut das aber nur eine absolute Minderheit. Weniger als 3% der Bevölkerung sprechen wenigstens gelegentlich mit einem Smart Speaker. Das entspricht nicht einmal 170’000 Personen. (Grafik 2)
Wenig Lust auf Internet-Werbung
Ein Viertel der der Schweizer Internetnutzer hat auf mindestens einem Gerät einen sogenannten Adblocker installiert. Der Anteil installierter Adblocker bleibt über die Jahre stabil. Hinzukommen neuartige Werbestopper, die direkt im Internet-Browser integriert sind und teilweise ohne Wissen der Nutzer Werbebanner ausblenden. Für Medien, die sich über Internet-Werbung finanzieren, wird das zum Problem und andere Einnahmequellen wie z.B. kostenpflichtige Abonnements oder Bezahlschranken müssen gesucht werden. (Grafik 2)
Über die Studie IGEM-digiMONITOR 2019
Die Studie Digimonitor erhebt seit 2014 jährlich die Nutzung von elektronischen Medien und Geräten in der Schweiz. Die Daten sind repräsentativ für die gesamte Bevölkerung in der Deutsch- und Westschweiz ab 15 Jahren, weil auch Offliner und Personen ohne Festnetzanschluss befragt werden. Im Auftrag der Interessengemeinschaft elektronische Medien IGEM und der WEMF befragte das Link Institut 2019 telefonisch 1786 Personen, davon 1034 in der Deutschschweiz und 752 in der Romandie. Das Vertrauensintervall liegt bei maximal +/- 2.3 Prozentpunkten.
Die Resultate stehen IGEM-Mitgliedern kostenlos zur Verfügung. Nicht-Mitglieder können die Studie für CHF 5000.- beziehen.
Mehr Infos auf www.igem.ch